Türchen Nr. 23 vom Adventskalender 180° – Eine Weihnachtsgeschichte

Mir wird hier die große Ehre zu Teil, für den Adventskalender von Hundertachtziggrad zu schreiben. Der wunderbare unvergleichliche Blog von Susa, Suse, Toni, Gottfried und Leo. Hier werden die großen Fragen der Menschheit behandelt, also die drei großen Ws: Wein, Weib und Webblogging. Sollte es wirklich noch jemanden geben, der ihren Blog noch nicht kennt, für den folgt jetzt der Befehl: Sofort auf den Link klicken, dann alle 22 vorhergehenden, tollen Beiträge lesen und auch sonst ein bisschen stöbern.

Aber die Hauptfrage ist ja, wer hat überhaupt noch heute Zeit, Adventskalendertörchen zu öffnen und alles zu lesen? Wir sind doch alle so im Stress. Morgen ist schon Weihnachten. Bei mir in der Backstube ist morgen Großkampftag. Es gibt keinen Tag im Jahr, wo so viel Brot und Semmeln bestellt werden wie an diesem Tag. Manchmal glaube ich, dass die Leute sich am Heiligabend wieder erinnern wollen, wie es ist etwas „Gscheids“ zu essen. Einmal im Jahr wenigstens wollen sie nicht zur Tankstelle fahren, lassen den Backshop links liegen und suchen verzweifelt nach dem letzten richtigen Bäcker!

Aber eigentlich geht es morgen nicht um Kommerz und Semmelgroßverkauf. Denn jene Maria, die zweite Hauptperson in jenem Drama, das bis heute die Welt bewegt, ist am heutigen Tage dem 23. Dezember noch unterwegs und sucht irgendwo Unterschlupf. Sie ist bekannter weise hochschwanger, aber Ihr Verlobter, der Zimmermann Josef, weiß nicht wie ihm geschah, denn er ist gänzlich unschuldig an dieser Misere. Denn es war ja, wie sich vielleicht der eine oder andere erinnert in Wirklichkeit der Heilige Geist, im Auftrag des Herrn. Die beiden sind aber längst wieder fort. Es gibt nur einen der zu ihr hält, der Handwerker Josef, obwohl sie ihm doch die unglaubliche Geschichte vom Heiligen Geist aufgetischt hat. Nur eines ist ihm klar, er selber kann es nicht gewesen sein. Warum er trotzdem bei ihr blieb. Wer weiß das schon. Obwohl ich auch Handwerker bin, sind mir seine Beweggründe weitgehend verborgen.

 

Die Wahrheit ist jedoch, dass er sie zuerst schon verlassen wollte. Wer kann es ihm auch verdenken. Diese Geschichte mit dem Heiligen Geist ist ja auch wirklich haarsträubend und kann einem ehrbaren Handwerksmeister den Boden unter den Füßen wegziehen. So hat er, als er von der Schwangerschaft seiner Braut erfuhr, den genialen Plan seine Verlobte heimlich zu verlassen. Von heute auf morgen wollte Josef weg sein. Ein Zimmermann findet immer sein Auskommen. Der Plan war jedoch nicht so großartig, denn Maria muss es wohl gemerkt haben. Wie die Frauen halt so sind, die kennen unsere Pläne schon bevor wir überhaupt etwas von unseren Vorhaben ahnen. Es war eine typisch männliche Idee. Ich bin dann mal weg. Ich muss dringend diesen Berg besteigen oder da war doch noch diese Lieferung nach Rom, du weißt schon 50 Schränke aus Buchenholz. So sind wir nun mal, lieber auf und davon, als sich dem Problem stellen. Andererseits, ist es für mich auch nachvollziehbar, das man am liebsten ganz weit weg will, wenn die eigene Braut schwanger wird, und du warst es gar nicht.

 

Streit war also vorprogrammiert. Wahrscheinlich gab es einen heftigen Disput. „Wieso glaubst du mir nie? – Du vertraust mir nicht!“ Kurz gesagt, Maria fühlt sich unverstanden und Josef wäre am liebsten zum Mond abgehauen oder einfach irgendwo hin. Hauptsache weg ganz weit weg und nicht immer diese unsäglichen Diskussionen und Vorhaltungen. Was macht Frau in solch einer Situation? Sie ziehen zu ihrer Freundin. Also packte auch Maria ihre sieben Sachen und machte sich auf zur Elisabet, die wohnte im Bergland von Judäa. Josef bleibt alleine zurück und hat endlich Zeit zum Nachdenken. Aber er kommt auf keinen grünen Zweig. Wie soll man auch so eine Mär glauben. Da kommt der Heilige Geist vom Himmel, aber am Ende war’s doch Gott! Da hätte er wohl lieber ein Schränkchen nach dem anderen gezimmert, als sich damit zu beschäftigen. Aber wenn er so in seiner Werkstatt ist und die Kunden kommen, dann fragen die natürlich nach Maria. Wieso sie denn ausgezogen sei! Was soll er denn den Leuten da erzählen? Wahrscheinlich sie müsse sich ausruhen, wegen der Schwangerschaft. Der Lärm in der Schreinerei wäre einfach zu viel für sie oder irgend sowas.

 

Es war dann doch ganz gut, dass ein Engel ihn besucht hat, um ihm alles genau zu erklären. Natürlich sagte der Engel zuerst: „Fürchte dich nicht!“ Aber der Engel meinte nicht, dass sich der Zimmermeister vor ihm fürchten würde. Er hatte natürlich sofort erkannt, dass Josef eigentlich Angst hatte, Maria wieder zurück zu holen. Damit keine Zweifel aufkommen konnten, gab er gleich den himmlischen Befehl zur Rückführung. Gleichzeitig erklärte er Josef auch noch gleich die ganze Geschichte mit der jungfräulichen Zeugung und das sein zukünftiger Sohn aus heiligem Geist wäre. Natürlich war der Name auch schon vorherbestimmt: Jesus solle er ihn nennen.

 

Damit wird alles einfach für uns Männer, somit auch für Josef. Ein klarer, himmlischer Befehl, darauf kann man sich verlassen. Befehl ist Befehl, also machte er sich also auf den Weg und holte seine Braut zurück nach Hause. Eine Sache macht mich jedoch ein bisschen stutzig. Da steht tatsächlich in der Bibel: „….. tat, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und er nahm seine Frau zu sich. Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar und er gab ihm den Namen >Jesus<.“

 

– „Er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar ….“ Es scheint nicht gerade so zu sein, als ob Josef damit einverstanden war, Maria wieder zu sich zu holen. Wahrscheinlich war er immer noch etwas wütend auf diesen Heiligen Geist und Maria musste dieses jetzt büßen. Vielleicht konnte er auch das ganze Getratsche im Dorf nicht mehr aushalten. Denn mittlerweile musste es sich schon herumgesprochen haben, dass Marias Kind von einem anderen war. Es könnte durchaus sein, dass dies der wahre Grund für die Reise nach Bethlehem war und nicht jene ominöse Volkszählung. Wer weiß das schon so genau, nach über 2000 Jahren.

 

Jetzt  sind die beiden also in Bethlehem und suchen eine Unterkunft. Ist eigentlich auch klar, dass es scheitern muss. Würdet ihr einfach zwei so daher gelaufene in euer Haus nehmen? Wohl eher nicht! Aber sie finden doch noch ein Plätzchen im Stall. Der Rest ist ja bekannt. Das Kind wird geboren. Josef erkennt plötzlich seine Maria wieder, verzeiht ihr, die Hirten kommen vorbei, Ochs und Esel schauen andächtig. Schließlich bringen die drei Magier aus dem Morgenland Geschenke mit und die Engel singen. Alle feiern den Geburtstag von Jesus Christus. Genau das sollten wir uns wieder ins Bewusstsein zurückholen. Wir feiern Geburtstag, deshalb gibt es Geschenke. In Bayern kommt sogar das Christkind, also der heilige Jesus persönlich vorbei und legt alles schön verpackt und heimlich unter den Christbaum. Diesen seltsamen übergroßen roten Gartenzwerg, mit seinem „Hohoho“, der eigentlich für eine große Zuckerwasserfirma unterwegs ist, lassen wir in Bayern erst gar nicht in unsere Wohnungen rein. Deshalb lasst lieber dieses Christkind in euer Wohnzimmer und hört mal kein “Last Christmas” sondern lieber ein Lied vom unvergleichlichen “Funny van Dannen – Jesus”.

 

Es ist auch gar nicht so wichtig, ob dieser Jesus wirklich der Sohn Gottes ist. Das Wesentliche sind doch die Werte für die er steht. Wie er gelebt hat und was er uns dagelassen hat. Was sind denn die wichtigsten Aussagen, die er uns hinterlassen hat? Für das wichtigstes Gebot hält er, neben der Gottesliebe, die Nächstenliebe: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Er geht sogar noch weiter: „Liebet eure Feinde“  oder „Wenn man dich auf die rechte Wange schlägt, so halte auch die linke hin.” Wenn wir uns nur an dieser Aussagen orientieren würden, dann wäre unsere Welt bestimmt eine friedlichere und gerechtere. Auch wenn wir immer wieder daran scheitern werden, unsere Feinde zu lieben oder wir vergeblich versuchen Gewalt mit Gewaltfreiheit zu beantworten, so müssen wir es doch immer wieder versuchen. Mehr als der Versuch wird den meisten von uns nicht bleiben. Aber sollen wir gleich aufgeben, nur weil wir nicht perfekt sein können? Nein, dürfen wir nicht, denn ein winziger Schritt nach vorne, ist besser als ein Schritt zurück.

 

John Lennon hat seinerzeit so schön gesungen: “All we are saying, is give peace a chance.“ Es ist Weihnachten, also gebt dem Frieden in euch und auch dem Frieden draußen in der Welt eine Chance.

 

Da aber dies ein Backblog ist, gibt es zum Schluss noch ein Gebäck. Wer noch etwas Lebkuchenteig übrig hat, der kann Pflastersteine backen, als Andenken an den Heiligen Stefanus. Am 26. Dezember ist der Tag des heiligen Stefan. Also wird am zweiten Weihnachtsfeiertag sein Gedenktag begangen. Stefanus wurde von den Aposteln als einer der sieben Diakone von Jerusalem gewählt. Als er mit den hellenischen Juden in Konflikt geriet, kam es zu einer Gerichtsverhandlung vor dem Hohen Rat. Hier wurde Stefanus wegen seines unverrückbaren Glaubens gesteinigt. Er gilt als der erste Märtyrer der katholischen Kirche. Symbolisch werden an seinem Gedenktag Pflastersteine gegessen. Sie sollen uns an seine Steinigung erinnern. Deshalb gibt man ihnen die Form von Kopfsteinpflaster. Dieses Lebkuchengebäck gibt es in zwei verschiedenen Ausführungen. Einmal werden einzelne Pflastersteine in Plätzchengröße gebacken.  Oder man legt mehrere kleine Kügelchen zu einem sozusagen gepflasterten Plätzchen zusammen. Nach dem Backen werden die Pflastersteine noch mit Zuckerguss überzogen. Was jetzt noch fehlt ist das Rezept:

Rezept (für ca. 15 – 20 Stück):
250 g Lebkuchenteig
30 g fein gehackte, geröstete Mandeln
20 g Orangeat

Zubereitung:
Mandeln und Orangeat unter den Lebkuchenteig kneten. Dann mehrere Schlangen formen. Anschließend kleine Stückchen abstechen. Diese zu kleine Kugeln formen. Entweder in kleine gefettete Ringe (etwa 5 cm Durchmesser) oder so wie ich, in kleine Silikonförmchen, jeweils etwa 10 Stück nebeneinander hineinlegen. Dann bei etwa 180 ° C im vorgeheizten Ofen (Umluft) für ca. 14 – 18 Minuten goldbraun backen. Auskühlen lassen und dann traditionell mit Zuckerguss überziehen. Als moderne Variante habe ich meine Pflastersteine, wie auf dem Foto mit weißer Kuvertüre überzogen.

 

Mir bleibt nur noch eines. Ich wünsche euch allen ein gesegnetes und geruhsames Weihnachtsfest,

 

Ihr Handwerksmeister Martin Schönleben

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8 Comments

  1. Sehr schoenes Friedens-Plaedoyer! Ich schliesse mich dir ganz an und wuensche dir eben ein solches, harmonisches Fest im Kreise deiner Lieben!

  2. Mit solch einer schönen Predigt würde jeder Pfarrer die Kirche voll bekommen. Danke, Martin, mir wird ganz weihnachtlich ums Herz.

    1. Liebe Christel,

      wenn ich ein wenig weihnachtliche Stimmung in dir geweckt habe, dann ist das schon mehr als ich erwartet habe.

      Ein geruhsames Weihnachtsfest im Kreise deiner Lieben wünscht

      Martin

  3. Auch an Heiligabend noch schön zu lesen.
    Frohe Weihnachten, gern mit Gans oder Ente, könnte mir vorstellen, dass du keine Plätzchen und Stollen mehr sehen kannst ;o)

    1. Liebe Suse,

      freut mich, dass du meine kleine Geschichte auch heute noch einmal lesen kannst. Bei uns gibt es übrigens traditionell Käsefondue. Macht nicht so viel Arbeit nach den arbeitsreichen Tagen und ist trotzdem ein besonderes Weihnachtsessen. Plätzchen und Stollen kann ich übrigens immer sehen und auch essen.

      Grüße aus dem Westen

      Martin

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