Wie ich mit Reinhold Messner 10 Yaks und mindestens 100 Touristen den Berg hinaufgetrieben habe

Wie jedes Jahr war im Juli dieses Jahres Reinhold Messners Yakauftrieb angekündigt. Die Tiere werden hoch zum Madritsch im Ortlergebiet getrieben. Dort sollen sie dann ihre Sommerfrische verbringen. Tibetische Grunzochsen werden sie wegen der Grunzlaute, die sie von sich geben auch noch genannt. Eigentlich stammen diese Rinder ja aus dem Himalajagebiet, der Mongolei und sogar in Südsibirien kann man welche antreffen und seit einigen Jahren jetzt auch in Südtirol, in der Schweiz und in Deutschland.

Bereits um 9.00 Uhr sollte der Auftrieb von der Talstation Sulden auf die Alm beginnen. Da meine Frau und ich gerade für ein paar Tage im Vinschgau weilten, war für uns klar, dass wir den bekannten Extrembergsteiger tatkräftig unterstützen würden. Jedoch ist 9.00 Uhr am Morgen für Touristen eine gar unchristliche Zeit, denn das Frühstück wird in der Regel erst ab 8.00 Uhr serviert und man ja die Anfahrtszeit noch mitberechnen muss. Also ist es empfehlenswert seine erste Tagesmahlzeit um ca. 7.00 Uhr einzunehmen, denn ohne ausreichendes Kraftfutter sollte sich weder Mensch noch Tier auf den beschwerlichen Weg nach oben machen.

Gott sei Dank hat sich die gute Seele unseres Hotels bereit erklärt meiner Frau und mir rechtzeitig mit einem Kaffee, Brot und allem was sonst noch zu einem Südtiroler Frühstück gehört aufzuwarten. Auf das frische Frühstücksei mussten wir jedoch in dieser Frühe verzichten. Aber, oh Wunder, wir waren nicht alleine an diesem Morgen. Ein anderes Paar wollte auch unbedingt mit Reinhold und seinen Yaks den Berg erklimmen.

Pünktlich um 9.00 Uhr waren wir an der Talstation. Die zotteligen Vierbeiner waren  schon zur Stelle. Genügend frisch frisierte Zweibeiner waren auch anwesend. Die Treiber standen ebenso bereit. Nur Reinhold Messner ließ auf sich warten, wie es sich für einen Star der Berge gehört. Für die Treiber war es nun das Wichtigste die Touristen im Zaum zu halten. Da diese, einschließlich meiner Wenigkeit, den Yaks immer wieder zu nahe auf den dicken Pelz rückten, um sie zu fotografieren. Wir wollten ja auch allen Verwandten und Bekannten beweisen, dass wir beim Yakauftrieb wirklich dabei waren. 300 Fotos sind da ja das mindeste. Die kleinen Babyyaks waren auch wirklich zu putzig, die konnte man nicht unfotografiert ziehen lassen.

Dann aber erschien endlich der Star des Tages, kurz vor 10.00 Uhr. Ein Raunen ging durch die Touristenschar als er am Ende des Weges auftauchte. Wieder wurden die Fotoapparate gezückt und Reinhold in allen möglichen und unmöglichen Posen fotografiert. Hier muss man auch seinen Vornamen gebrauchen, denn auf einem gemeinsamen Weg, einen Berg hinauf, ist man immer per du, vor allem der Südtiroler.

Also Reinhold mit zwei Reportern vom „Stern“ vorneweg, dann seine Yaks, dann die Treiber und am Schluss über 100 Touristen. Hier stellte man fest, dass die drei Yaktreiber eigentlich nur dazu da waren, die Touristen im Zaum zu halten. Denn diese versuchten immer wieder den Yaks möglichst nahe zu sein oder sich vorbei an den Tieren zu unserem Anführer zu schmuggeln. Dies war jedoch aufgrund der jahrelangen Erfahrung, der drei Südtiroler mit  solchen Touristenauftrieben, nicht möglich.

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An der Mittelstation angekommen, wurde endlich den fotohungrigen Fremden, also mir und den 99 Anderen, etwas geboten. Reinhold Messner stellte sich mit seinem Hirtenstab in Pose und mich konnte nur die Langsamkeit meiner Amateurkamera davon abhalten mehr als 500 Fotos zu schießen. Dennoch war ich natürlich nicht der einzige Laienfotograf, der sich wie ein professioneller Bildreporter vom „Isarboten“ vorkam. Schließlich setzte sich der Bezwinger aller 8000er nieder und schrieb fleißig Autogramme, geduldig und so lange bis auch wirklich jeder eines oder auch mehrere ergattert hatte. Dabei blieb natürlich auch wieder ausgiebig Zeit die Yaks, die Berge, Reinhold und seine Treiberfreunde zu fotografieren.

Aber es ging ja noch ein Stückchen nach oben, ein Teil der Bergwanderer trennte sich jedoch nun von der Gruppe. Sie hatten genug gesehen, gehört und fotografiert und konnten sich auf den Nachhauseeweg machen. Die Hartgesottenen machten sich noch einmal mit den Tieren aus dem Himalaja auf den Weg. An einem kleinen Bachlauf mit einer winzigen Hütte waren die Tiere schließlich an ihrem Ziel angekommen. Wir Touristen mussten jedoch noch einige hundert Meter weiter nach oben bis zur Hütte der Bergstation.

Oben angekommen, war es nicht leicht einen Platz zu finden, auch den Bestellungen war das Hüttenpersonal, angesichts der Massen an einfallenden Ausländern nicht gewachsen. Wir konnten gerade noch einen Platz ergattern und dass am Nebentisch von unserem Angebeteten. Der Südtiroler Volksheld gab nämlich an seinem Tisch gerade ein Interview für den „Stern“. Und so kamen wir in den Genuss, heimlich mitzuhören, was Sie erst in ein paar Monaten in der großen deutschen Illustrierte lesen können.

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Fazit der ganzen Veranstaltung: Reinhold Messner hat nie die Bodenhaftung verloren. Obwohl er alle 8000er bezwungen hat, ist er immer noch irgendwie ein Südtiroler Bauer geblieben. Tief verwurzelt in seiner Heimat, ist ihm Südtirol immer ein ehrliches Anliegen geblieben. Wahrscheinlich hat Reinhold Messner die höchsten Berge nur bestiegen, damit er zurückkehren und zuhause endlich seine Heimat finden kann.

Erstaunlich war, man konnte ihn immer ansprechen. Er hatte für alle, ein paar nette Worte übrig. Wahrscheinlich weil ihm klar ist, dass seine Fans, durch den Kauf seiner Bücher, den Besuch seiner Vorträge usw. letztendlich seine Projekte finanzieren.

Aber da dies hier ja eine Rezeptkolumne ist, habe ich Reinhold Messner nach seinem Lieblingsgebäck gefragt. Und so erfahren, dass er am liebsten Krapfen isst und am allerliebsten welche mit Mohn gefüllt. Also hier noch eine Südtiroler Bauernspezialität:

Vingauer Mohnkrapfen

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