Diesen Freitag, den 13. Juni um 19:00 Uhr präsentiert die Autorin Katharina Köller im Bürgersaal ihren Roman „Wild wuchern“, der für den diesjährigen Puchheimer Buchpreis nominiert ist. Ich habe natürlich wieder das Buch gelesen und mir meine backtechnischen Gedanken dazu gemacht. Hier kommt also der zweite Teil meines literarischen Backens:

Katharina Köller: Wild wuchern
Österreich – Wien – Tirol
Marie ist auf der Flucht.
Am Anfang des Buches will die Protagonistin noch nach Italien fliehen:
„Als ich zum Bahnhof gefahren bin, war mein Plan eigentlich Italien, weil ich immer Italien denk. Italien, wo man ins Meer starren kann. Egal, was ist, die Lösung ist immer Italien. Hauptsache Meer und Hauptsache reinstarren. Und ein Eis.“
Natürlich habe ich sofort gedacht, Italien ist die Lösung! Das ist doch eine schöne Steilvorlage für mich. Alles Klar! Wir backen italienisch. Das finden alle gut. Ein feines Tiramisu, knusprige Cannoli oder wie wäre es mit schönen Amaretti. Damit wären alle zufrieden. Ich natürlich zuallererst.
Liebe Frau Katharina Köller,
danke für die schönen Sätze am Anfang des Buches. Aber dann musste ich feststellen, es geht nicht ins gelobte Land, es wird nicht das „Dolce Vita“ beschrieben. Nein, Marie flüchtet auf eine einsame Alm in Tirol zu ihrer Cousine. Steigt aus, aus ihrem vermeintlich behüteten Leben. Sie will ihren gewalttätigen Ehemann hinter sich lassen und ihr Luxusleben als verwöhnte Prinzessin. Auf der Flucht vor ihrem Ehemann, der sie verachtet und unterdrückt, sieht sie nur einen Ausweg aus ihrer Situation, sie flüchtet auf die entlegene Tiroler Alm ihres Großvaters, auf der jetzt ihre Cousine Johanna lebt. Eigentlich verachtet sie ja Johanna, die unangepasste, wilde, schweigsame, die die Gesellschaft hinter sich gelassen hat und mit der Natur lebt.
Da gibt es in diesem Buch also diese beiden sehr unterschiedlichen Personen, mit ihren sehr verschiedenen Lebensentwürfen und Charakteren. Und um die beiden darzustellen, habe ich das perfekte Rezept gefunden: „Grauperte Hexen und Herzoginnen“ Aus einer Masse formt man zwei verschiedene Plätzchen. Die gleiche Masse steht hier symbolisch für das gemeinsame Aufwachsen. Dann formen wir daraus einmal „grauperte Hexen“. Auf Wienerisch heißt graupert soviel wie: ungepflegt, hässlich, wild oder zerzaust. Damit ist klar, das die „grauperten Hexen“ natürlich für die unangepasste Johanna stehen. Das “wilde Tier im Körper von einem Menschen” wie Marie sie beschreibt.
Anschließend bereiten wir aus der gleichen Grundmasse die „Herzoginnen“. Sozusagen die Luxusausgabe der „grauperten Hexen“. Wohl geformt und gefüllt mit einer feinen Ganache. Dem noch nicht genug, tauchen wir sie einer Herzogin würdig, in feinste Kuvertüre.
Zwei Frauen ein gemeinsames Aufwachsen – ein späteres Leben wie es nicht unterschiedlicher sein kann und am Schluss nach einem Kräftemessen, Selbstverständnisringen und Zueinanderfinden ein gemeinsamer Weg. Um das Zueinanderfinden zu symbolisieren habe ich noch ein drittes Plätzchen gebacken. Diese „grauperten Prizessinen“ habe ich dann mit italienischen Pistazien verziert. Denn wie am Anfang schon bemerkt: „Die Lösung ist immer Italien!“
Rezepte:
Grauperte Hexen und Herzoginnen
Wien – Österreich

Auf Wienerisch heißt graupert soviel wie: ungepflegt, hässlich, wild oder zerzaust. Genau so sollen die fertigen Plätzchen auch ausschauen.
Rezept für ca. 50 Stück:
3 Eiweiß (90 g)
60 g Zucker
60 g Puderzucker
150 g geriebene geröstete Haselnüsse
3 g Zimt (1 ½ gestr. TL)
Füllung:
50 g Nougat
10 g Zartbitterkuvertüre
Ganache:
20 g Sahne
40 g Zartbitterkuvertüre
Zum Verzieren:
Zartbitterkuvertüre
Pistazien

Zubereitung:
Zuerst schlage ich Eiweiß und Zucker zu einem festen Eischnee. Dann schlage ich den Puderzucker nach und nach unter. Zum Schluss hebe ich die Haselnüsse und den Zimt unter. Jetzt spritze ich die Hälfte der Masse für die Herzoginnen mit einem Spritzbeutel und einer 10 mm großen Lochtülle auf. Hier muss ich mir schon ein wenig Mühe geben, denn die Herzoginnen müssen natürlich schön aussehen. Sie sind sozusagen die noble Version der kleinen Hexen. Deshalb verwenden wir hier auch einen Spitzbeutel, damit sie eine schöne runde Form bekommen.
Bei den grauperten Hexen machen wir einfach wilde Kleckse auf ein Blech mit Backpapier. Schließlich heißen sie so, weil sie so schön unförmig sind. Jetzt kommen beide in den vorgeheizten Ofen bei ca. 100 ° C (Umluft) für etwa 45 Minuten.
Wenn sie abgekühlt sind, löse ich das Nougat und die Kuvertüre auf, verrühre beides gut und setzte anschließend immer zwei „grauperte Hexen“ mit etwas von dem Nougat-Schoko-Gemisch zusammen. Anschließend verziere ich sie noch mit etwas temperierter Kuvertüre.
Bei den Herzoginnen muss ich natürlich, wie es sich geziemt noch ein bisschen mehr Aufwand betreiben und zuerst eine Ganache kochen. Hierfür wird die Sahne gekocht und dann die klein gehackte Kuvertüre untergerührt. Ich rühre so lange, bis alles aufgelöst ist. Nehme dann meine Ganache vom Herd, lasse sie etwas auskühlen und setzte immer zwei damit zusammen. Wenn die Ganache fest geworden ist, tauche ich meine Herzoginnen noch in feinste Zartbitterkuvertüre.
Bei meiner dritten Version habe ich dann die beiden verschiedenen Plätzchen zusammen gebracht und eine grauperte Hex mit einer Herzogin verbunden indem ich die beiden mit dem restlichen Nougat und der Ganache gefüllt habe. Anschließend tauche ich sie noch in temperierte Zartbitterkuvertüre und verziere sie mit gehackten italienischen Pistazien. Denn die Lösung ist immer Italien!

Hiermit schließt sich der Bücher-Back-Kreis.
Viel Spaß beim Lesen und Nachbacken wünscht
Ihr literarischer Konditormeister
Martin Schönleben