Sehnsucht nach der guten alten Zeit – Teil 2

Fortsetzung folgt:

 25. Dezember 2033

Leider musste ich meinen Blogeintrag den neuen Lesegewohnheiten anpassen. Früher in der guten alten Zeit, hätte ich natürlich alle 12 Seiten auf einmal veröffentlicht und niemanden würde es stören. Aber heute reicht ja schon eine halbe Seite und die Leute klicken sofort weg. Wie bemerkte der große Bloggertheoretiker Hugo von Hudolsky so schön: „Warum benutzt du 4 Sätze für eine Sache, die du in einem Halbsatz auch sagen kannst?“ Wir hätten ihm vor 20 Jahren noch entgegengeschleudert:

 

„Weil wir keine Lust haben, uns kürzer zu fassen.

Weil wir es lieben, auszuschweifen und zu fabulieren.

Weil wir nur an uns denken und nicht an die Leser.“

Aber die Zeiten ändern sich und deshalb habe ich meinen Blogeintrag lieber zweigeteilt. Aber jetzt geht es weiter:

Ich war dabei Astrids größten Clou aufzudecken, der in die Geschichte eingegangen ist als die Löffelaffäre. Wie bereits erklärt, hat sie die Bloggerscene mit Kochlöffeln überschwemmt. Auf jedem dieser Löffel waren die drei W’s der Illuminati aufgedruckt. Jeder weiß ja wofür diese drei Buchstaben in Wahrheit stehen: „Weltherrschaft wollen wir“. Anschließend kam wieder ein versteckter Hinweis: Arthurs Tochter stand da. Eigentlich hätten wir diesen Hinweis nur richtig deuten müssen. Ist doch mit Arthurs Tochter die zweitgeborene Tochter von König Arthur gemeint, jene, die durch ihre Liason mit Lanzelot (auch ein Illuminat) den Niedergang der königlichen Tafelrunde einläutete. Die Geschichte sollte sich also wiederholen. Wir hätten es alles nur richtig deuten müssen.

 

Jedoch was das Fass zum Überlaufen brachte für die alte Riege Kochblogger, war als dann ihr Buch erschien. Hemmungslos schilderte sie in ihrem Buch Details über das Bloggerleben. Was bisher im Verborgenen geschah, wurde durch dieses Buch nun öffentlich breitgetreten. Jetzt ging das große Gemetzel erst richtig los. Die einen überhäuften sie mit Lob für ihr Buch, die anderen hatten nur Hohn und Spott für sie übrig. Während sich die alte Garde und die neuen Wilden gegenseitig öffentlich zerfleischten, kam schon die nächste Generation der Foodblogger. Nachdem sich die Alten In Stücke gerissen hatten, und viele zermürbt das Handtuch warfen, war genug Platz für sie da und es wurde ein neues Foodbloggerzeitalter eingeleitet. Einzig und allein Petra konnte das ganze Gemetzel schadlos überstehen. Mit ihrer Seelenruhe hat sie alles beobachtet und ungerührt einfach weiter ihre Rezepte gebloggt. So wie sie es heute 20 Jahre später immer noch tut und wahrscheinlich die nächsten 20 Jahre auch noch.

 

Dann folgte die Kommerzialisierung der Blogs. Verrat schrien die altehrwürdigen Blogger, als die Neuen dem Kommerz die Türe öffneten. Einer der Wegbereiter war Bolliskitchen, die schon sehr früh erkannte, dass man im Internet auch seine eigenen Produkte gut vermarkten kann. Später wurde sie dann vom Saulus zum Paulus, verbannte ihre eigenen kommerziell ausgerichteten Gläschen von ihrer Internetseite und widmete sich dann nur noch den höheren Werten des Bloggens. Sie ist sogar heute immer noch bekannt, als die große Verfechterin des reinen und unkommerziellen Internets und große Freundin des Gärtnerblogs.

 

Als letzte Rettung war der sogenannte „Würzburger Kongress“ geplant, die zerstrittenen Blogger sollten sich in Würzburg treffen, um alle Gräben zu beseitigen. Aber diese Konferenz muss als gescheitert in die Geschichte eingehen. Selbst war ich zwar nicht anwesend, aber mir wurde aus gut unterrichteten Kreisen berichtet, dass sich die Anwesenden nur am Rande mit der Rettung der Kochbloggerscene beschäftigt haben. Es wurde ein riesiges (Fr)ess- und Saufgelage. Dieses Treffen hatte nur ein Thema: Essen. Kann man auch etwas anderes erwarten, wenn sich mehrere Kochblogger treffen? Nein, natürlich nicht!

 

Das einzige Resultat dieser Konferenz war, dass sich die Österreicher abspalteten. Man hatte nämlich vergessen sie ausdrücklich einzuladen. Und so wurde der nächste Schritt aus Österreich eingeleitet. Die Alpenrepublikanerinnen spalteten sich vom Resteuropa ab und brauten ihr eigenes Süppchen. Katha, Eline und Ellja träumten von der alten K&K-Monarchie und wollten dem Treiben der verfeindeten Lager nicht mehr untätig gegenüberstehen, deshalb gründeten die drei österreichischen Musketiere auf dem sogenannten „Linzer Treffen“ ihren eigenen Verein. Jetzt gab es bereits drei verfeindete Lager und es freute sich am Schluss keineswegs der Dritte.

 

Aber es war ja nicht der einzige Schlichtungsversuch, der damals unternommen wurde. Denn es kam ja auch noch der Brigitte-Foodblog-Award. Obwohl ich damals schon die Gefahr kommen sah und mich für die Scene opfern wollte, siehe meinen uralten Blogeintrag, wollte die Brigitte davon nichts wissen. So kam es wie es kommen musste. Als der Sieger bekannt gegeben wurde, traten die alten Gräben der beiden, mittlerweile drei Lager ungeschminkt zum Vorschein. Die einen triumphierten, bastelten Siegerbanner und feierten den ersten Platz. „Du hast es dir verdient“ „Gratulation“ „so einen wie dich gibt’s nur einmal“ „Ich liebe deinen Blog“. Die anderen witterten Verrat und hatten es schon immer besser gewusst „ein Treuebruch an der Kochbloggerscene“, „ein Schlag in das Gesicht eines jeden aufrichtigen Foodbloggers“,  „und überhaupt, die Besten waren gar nicht nominiert“ „Schiebung und Verrat“ usw.. Ihr könnt euch das Gezeter sicher bildlich vorstellen. Leider kann man die negativen Kommentare nicht mehr belegen, da sie zumeist gelöscht wurden. Beleidigend und absolut unter der Gürtellinie war die Begründung dafür. Für die geschichtliche Aufarbeitung ist dieses Vorgehen, kulturhistorisch wichtige Kommentare zu löschen, natürlich als sehr zweifelhaft anzusehen. Kurz, um es auf einen Nenner zu bringen die Gräben wurden tiefer und unüberbrückbar. Das war der Todesstoß für die alten und neuen Blogger, nur noch auf sich selbst bezogen, zerfleischten sie sich mit Kommentaren und hämischen Beiträgen, die nur so von Neid und Missgunst durchzogen waren. Niemand wollte so eine miese Konversation mehr lesen.

 

Es wurde Zeit für die jungen frechen innovativen Blogger und Platz war ja genug da. Die gute alte Zeit war vorüber und nicht mehr zurückzuholen.

 

Nun wisst Ihr alles über die Pioniere der Blogger und wie Missgunst und Verrat sie zerstört hat.

 

Und jetzt seid Ihr dran, es wird Zeit für euch, denn die damals Jungen sind heute schon wieder die Alten und träge geworden. Es wird Zeit für eine neue Generation, die alles wieder anders machen will! Warum ich das geschrieben habe? Damit ihr nicht die gleichen Fehler macht. Es könnte doch vielleicht ein Wunder geschehen und vielleicht könnt ihr  ja mit Achtung, Respekt, Solidarität und Toleranz, Spaß miteinander haben. Wir haben es ja damals nicht geschafft. Deshalb gebe ich euch noch eine Hymne mit auf den Weg: „Lass uns n‘ Wunder sein“ von Ton Steine Scherben.

 

Es wird Zeit für mich zu gehen, denn ich muss dringend in die Schweiz fahren, den Mohnblütenlikör habe ich schon eingepackt.

 

Es grüßt die neuen Zeiten und macht es besser

 

Adieu sagt Ihr Konditormeister Martin Schönleben

 

Martin Schönleben

 

 

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10 Comments

  1. Hallo, ich bin Dornröschen und ich habe 100 Jahre geschlafen ;-). Aber ich muss doch bittesehr deine Geschichtsschreibung korrigieren, denn was davor tatsächlich passierte: Die 3 Damen vom Österreichgrill hatten nur eines im Sinn: Die Rettung des Wiener Schnitzel für die Nachwelt. Das haben wir erfolgreich geschafft, denn sonst würden heute noch Herden von Deutschländern Sauce Bernaise über das österr. Heiligtum kippen, gelle 😉

    1. Liebe Ellja,

      das mit der Rettung der Wiener Schnitzel ist verlorene Liebesmüh. Es gibt doch eh nur noch Schnitzel Wiener Art. Und ob das eine Kunst sein soll, das wage ich zu bezweifeln. Irgenwelche französischen Saucen über euere Heiligkeit zu gießen würde uns in Bayern nie und nimmer einfallen.

      Es grüßt mit kunstvollem Gruße

      Martin

  2. Ach Martin, es gab ja schon Gerüchte darüber, aber dass du, kaum dass du den Friedensnobelpreis zum 10. mal erhalten hast, nun wirklich auch noch hinschmeisst, also nee…

    1. Liebe Heike,

      ja die Gerüchte sind war manchmal eben doch wahr. Und die Wahrheit ist, dass ich alles darniederlege hat den Grund in meiner 11. Nominierung. Ich bin immer noch sauer, dass mir meinen Preis dann doch dieser Obama weggeschnappt hat.

      Mit frustriertem Gruße

      Martin

  3. Den nächsten Kuss lasse ich nicht ausrichten! Den bringe ich höchstselbst vorbei. Spätestens 2059 zum 50jährigen Jubiläum meines Kulturschockblogs.
    Und bis dahin hast Du sicher bereits zum wiederholten Mal den Foodblog-Award der Süddeutschen erhalten, die Laudatio dazu wie jedes Jahr von Heribert Prantl. Verdient ist verdient!

    1. Liebe Astrid,

      die wichtigen Dinge im Leben sollte man immer noch selbst und analog machen. Hiervon nehme ich Analogkäse natürlich aus. Der Foodblog-Award der Süddeutschen ist natürlich mein nächstes großes Ziel. Aber lieber wäre mir, du würdest ihn gewinnen und ich dürfte die Laudation halten.

      Es grüßt der schon einmal seine Rede vorbereitende

      Martin

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